…, sagt ein Sprichwort. Wer in den Spiegel schaut, bekommt eben manchmal nicht nur Schmeichelhaftes zu sehen. Das ist der SPD-Führung (noch unter Martin Schulz) bewusst gewesen, als sie fünf Experten aus verschiedenen Disziplinen gebeten hat, einen unabhängigen Bericht über die Gründe für die schwere Niederlage bei den letzten Bundestagswahlen zu schreiben. So etwas hat es vorher übrigens noch nicht gegeben, es ist nicht ohne Risiko und mutig, aber eben auch nötig. Wenn etwas besser werden soll, muss Klarheit darüber bestehen, was falsch war.
Die Autoren dieser Analyse sind gründlich gewesen und haben über 100 intensive Gespräche mit unterschiedlichen Akteuren geführt. Herausgekommen ist ein gut lesbarer und spannender Bericht, der Klartext liefert. Und wer ist denn nun schuld, werden viele fragen. Keiner alleine, lautet die Antwort – dafür sind es zu viele Fehler und Unzulänglichkeiten auf verschiedenen Ebenen, die herausgearbeitet werden und die in der Summe das Problem ausmachen. Natürlich trägt eine Parteiführung immer die Gesamtverantwortung, aber wer den Bericht aufmerksam liest, wird viele Ansätze zur Kritik finden.

Die Mängelliste ist lang und reicht von dem fehlenden Profil und dem Verzicht auf Zuspitzung von zentralen Vorhaben über den innerparteilichen Umgang miteinander bis zu zum Teil haarsträubenden Mängeln bei der Vorbereitung auf die Bundestagswahlen. Mein persönliches Fazit: Die Wahlniederlage hat mindestens zwei Jahre vor dem Wahltermin ihren Anfang genommen, als genau die ehrliche Bestandsaufnahme nötig gewesen wäre, die der Bericht nun liefert.

Und was lehrt uns das nun? Manches muss die SPD sehr schnell anpacken und Andrea Nahles hat bei der Vorstellung des Berichts die richtigen Ansatzpunkte genannt: Manche schwelenden Meinungsverschiedenheiten in der SPD, aber auch die zentralen Vorhaben für die nächsten beiden Jahre zügig zu klären und damit wieder Orientierung nach innen und nach außen zu geben. Die organisatorischen Defizite konsequent anzugehen. Eine gründliche Zukunftsdebatte in der SPD zu starten (das beginnt in diesen Tagen).
Andere Themen sind dagegen wohl nur Schritt für Schritt zu lösen, wie etwa ein neues Vertrauen zwischen den unterschiedlichen Ebenen in der SPD herzustellen. Das ist notwendig, braucht aber nun einmal Zeit und gute Erfahrungen.

Am Ende stimmt mich jedenfalls der Bericht trotz aller schlechten Nachrichten optimistisch. Die Aufgaben für ein Comeback der SPD sind klar beschrieben. Und noch etwas sagt der Bericht: Das Potential für die SPD bei Bundestagswahlen liegt unverändert bei über 30 % – wenn wir es richtig machen. Jetzt müssen wir es nur noch richtig machen!
Ich wünsche Euch eine schöne Woche.