Ovelgönne. Heute Abend luden die SPD Niedersachsen und die Vorsitzende der SPD Wesermarsch, Karin Logemann, ein, um über die ärztliche Versorgung in ländlichen Räumen zu diskutieren. Die Wesermarsch als betroffene Region bot dafür den passenden Hintergrund. Wie dem Landkreis an der Weser geht es vielen anderen Regionen in Niedersachsen. Das wissen auch Oliver Lottke, SPD-Landtagsabgeordneter und Mitglied in der Enquetekommission „Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen“, Mark Barjenbruch, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Oliver Kamlage, Geschäftsführer des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes und Dr. Jens Wagenknecht, stellv. Vorsitzender des Deutschen Hausärzteverbundes.

„Die niedergelassenen Hausärzte finden keine Nachfolgerinnen oder Nachfolger, wenn sie in Rente gehen und Fachärzte sind ohnehin ein schwieriges Thema auf dem Land“, erläutert Logemann zu Beginn der Veranstaltung. Mit Projekten wie „Land(Er)Leben. Medizin Lernen und Leben von Jade bis Weser“, „Landärztin/ Landarzt gesucht!“ und der Mitgliedschaft in der Gesundheitsregion JadeWeser steuert der Kreis Wesermarsch gegen.

Die Enquetekommission des Landtages befasst sich mit den verschiedenen Bereichen der medizinischen Versorgung wie die Notfall-, die ambulante und stationäre Versorgung. Aber auch die Digitalisierung und die Frage nach dem Ausbau des ÖPNV sind Themen für die Kommission. „Wir haben bisher schon Lösungsansätze erarbeitet. Wir sind uns aber auch bewusst, dass diese Ansätze umgesetzt werden müssen. Telemedizin kann eine Möglichkeit sein. Dafür müssen aber die Strukturen und Voraussetzungen geschaffen werden, wie zum Beispiel eine Breitbandverbindung“, berichtet Oliver Lottke aus dem Landtag. Außerdem müssen bessere Anreize für die Neuansiedlung für Ärzte geschaffen werden. „Das fängt bei der Vergütung an. Aber auch die Work-Life-Balance ist für junge Ärzte wichtig, genauso wie die Kinderbetreuung vor Ort.“

Mark Barjenbruch stimmt dem Landtagsabgeordneten zu: „Die neue Generation von Ärzten wollen nicht mehr in Einzelpraxen arbeiten, um zum Beispiel ihr Privatleben leben zu können. Wir müssen also nicht nur den Arzt oder die Ärztin auf das Land holen, sondern auch deren Partner. Außerdem müssen wir die Strukturen neu denken. Medizinische Versorgungszentren und Gemeinschaftspraxen entsprechen der neuen Generation der Ärzte mehr als Einzelpraxen“, so Barjenbruch. Unter der Prämisse, dass nicht nachgesteurt wird, wird es, laut der Prognose der Kassenärztlichen Vereinigung in Niedersachsen, im Jahr 2030 1000 Hausärzte zu wenig geben, viele davon auf dem Land.

Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) erfasste, dass schon momentan 380 freie Hausarztstellen in Niedersachsen nicht besetzt werden können. „Deswegen haben wir als NSGB uns auch für die Landarztquote als einen wichtigen Steuerungsmechanismus ausgesprochen“, so Oliver Kamlage. Der Hausarzt ist der Lotse im Gesundheitssystem und hat damit eine entscheidende Stellung. Wenn er fehlt, geht den Leuten ein wichtiger Ansprechpartner verloren.“ Regelmäßig würden Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf ihn zukommen und nach Tipps für den Umgang mit dem Ärztemangel fragen. „Wir empfehlen dann immer, die Altersstruktur bei den Hausärzten zu überprüfen, auf die Ärzte zuzugehen und mit ihnen gemeinsam nach Möglichkeiten für die Nachfolge zu suchen, bevor die Praxisschließung bevorsteht.“

Dr. Jens Wagenknecht spricht sich für ein Lenkungssystem aus, das schon kurz nach der Ausbildung greifen soll. „In vielen Ländern gibt es ein System, das die Absolventen in die Richtung lenkt, in die Ärzte gebraucht werden. Warum geht das nicht auch in Deutschland? Bisher wird hier zum Teil am Bedarf vorbei ausgebildet. Wir müssen außerdem den Mut haben, zusammenzuführen und mehr Zentren zu schaffen.“

Auch, wenn es bei einzelnen Fragen unterschiedliche Meinungen und Ansätze der Podiumsteilnehmer gab, einig waren sich am Ende alle: Wir brauchen eine Landarztquote für Niedersachsen.