Wenn sich Menschen meiner Generation zu „Weisste noch“-Gesprächen treffen, geht es auch immer mal wieder um die Friedensbewegung der 70er und 80er Jahren, die viele von uns geprägt hat (mich auch). Das konnte bis vor kurzem immer mit dem wohligen Gefühl geschehen, dass sich die Dinge doch zum Guten entwickelt zu haben schienen. Anstelle einer harten Konfrontation zwischen Ost und West, zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt mit immer schrecklicheren Waffenarsenalen hatte es schließlich die Entspannungspolitik, eine Reihe von Abrüstungsverträgen und vor allem auch ein Ende des Kalten Krieges gegeben.

Vier Jahrzehnte später ist es damit vorbei. Spätestens seitdem die USA den INF-Vertrag über die Kontrolle von Mittelstreckenraketen gekündigt und Russland mit gleicher Münze zurückgezahlt hat, droht uns ein neues Wettrüsten – vielleicht sind wir auch schon mittendrin. Genau genommen ist die Gefahr sogar größer als damals: Heute gibt es wesentlich mehr Massenvernichtungswaffen und sie lassen sich wesentlich präziser einsetzen. Heute gibt es wesentlich mehr Staaten, die über diese Waffen verfügen, und die Volksrepublik China steht in dieser Hinsicht den USA und Russland in nichts nach. Und heute verfügen darüber Politiker, die allesamt Krieg nicht mehr aus eigener Erfahrung kennen – auch das war damals anders.

Es ist deprimierend zu sehen, dass es offenbar wieder von vorne losgeht. Wieder beginnen wird dann aber hoffentlich auch der Protest gegen eine solche Bedrohung. Ebenso wie die Friedenspolitik ist auch die Friedensbewegung in den Hintergrund gerückt und die Ostermärsche sind seit vielen Jahren nur noch Schatten von früheren Demonstrationen. Warum brauchen wir eine neue Friedenspolitik und eine neue Friedensbewegung? Weil es am Ende nicht nur Sicherheitsexperten und Spitzenmilitärs überlassen bleiben darf, gewissermaßen eine interne Fachdiskussion zu führen. Es geht um sehr viel: Eine Konfrontation mit A-, B- und C-Waffen spielt am Ende immer mit dem Risiko, dass es nicht bei Drohungen bleibt. Das Ergebnis wäre eine Katastrophe.

Deswegen muss das Thema ab jetzt wieder nach ganz oben auf die politische Tagesordnung. Und es sollte begleitet werden von dem Engagement vieler, möglichst sehr vieler Bürgerinnen und Bürger, die sich entschieden gegen ein neues Wettrüsten stellen. „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts“, hat Willy Brandt 1981 formuliert. Daran hat sich nichts geändert.