Ich hoffe, Ihr hattet alle schöne Weihnachten, auf die eine oder andere Art – natürlich anders als sonst. Damit ist das Jahr 2020 nun aber wirklich fast vorbei und nachtrauern werden ihm die wenigsten von uns. „Ein Jahr zum Vergessen“, werden viele sagen und spontan würde ich dazu gehören. Vor einem Jahr war ‚Pandemie‘ für mich eine schwierige Antwort im Kreuzworträtsel, inzwischen wissen wir alle sehr konkret, was es damit auf sich hat: Weltweit Todesfälle in einer erschreckenden Zahl, Existenzängste, Einsamkeit und vieles, vieles Schlechte mehr.

Aber ‚Ein Jahr zum Vergessen’ war 2020 trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil, denn ganz bestimmt wird niemand von uns dieses Jahr vergessen können. Seit einem dreiviertel Jahrhundert markiert das Coronavirus die größte Krise unserer Gesellschaft, also seitdem die allermeisten von uns auf der Welt sind. Aber das ist es nicht alleine, es gibt eine Menge, was es verdient, nicht vergessen zu werden.

Ich meine damit die Erfahrung, dass sich viele Menschen in den letzten Monaten wirklich in den Dienst ihrer Mitmenschen gestellt haben: Die Beschäftigten in der Pflege zum Beispiel, in den Schulen und Kitas, im Handel oder ganz einfach Nachbarn von nebenan. Klar, nicht wenige haben das einige Ego nach vorne gestellt, aber über alles gesehen, war das nur eine kleine Minderheit (allerdings groß genug, um dem Virus immer wieder Gelegenheiten zu verschaffen, sich auszubreiten. Zusammenhalt ist eben mehr als ein Schlagwort, sondern die Haltung einer klaren Mehrheit in unserem Land.

Oder auch die Erfahrung eines aktiven Sozialstaates: Dank der Kurzarbeit ist es bis jetzt gelungen, große Entlassungswellen zu vermeiden. Die umfangreichen Wirtschaftshilfen haben bislang verhindern können, strong dass viele Unternehmen ihre Bücher schließen mussten. Ich weiß, dass die Risiken für Unternehmen und Arbeitsplätze weiter groß sind, aber die bisherige Entwicklung macht zumindest etwas Mut.

Oder die Erfahrung eines funktionierenden Gesundheitswesens, das sich gerade derzeit wieder einer großen Herausforderung gegenüber sieht. Offenkundig sind aber nicht nur die Vorzüge, sondern auch die Schattenseiten unseres Gesundheitssystem, in dem in der Pflege alle unter permanentem Stress stehen. Noch so eine Erfahrung, die wir nicht vergessen sollten.

Und vor allem auch die Erfahrung einer Demokratie, die sich auch in Krisenzeiten bewährt. Entgegen allen Unkenrufen von Kritikern funktioniert der Rechtsstaat, haben wir kritische Auseinandersetzungen über den richtigen Weg, aber auch die Kraft zu durchgreifenden Entscheidungen.

„Ich war noch nie so froh, in Deutschland zu leben“, diesen Satz habe ich in diesem Jahr oft gehört. So geht es auch mir – auch oder gerade wegen der Erfahrungen in diesem Jahr. Aber trotzdem: Ich bin nicht traurig darüber, dass jetzt ein neues Jahr beginnt. Hoffentlich eines, dass besser wird als sein Vorgänger!

Ich wünsche Euch einen guten Rutsch.