Normalerweise zitiere ich mich nicht selbst. Gestern, am Totensonntag, hat aber im Dom zu Hildesheim eine Lichtfeier stattgefunden, mit der die beiden christlichen Kirchen der Toten gedacht haben, die dem Coronavirus bis jetzt zum Opfer gefallen sind. In einem Grusswort habe ich einige Gedanken zusammen gefasst, die mir zur Zeit besonders wichtig sind. Vielleicht interessieren sie Euch:

Uns allen wird das Jahr 2020 immer in Erinnerung bleiben. Seitdem Ende Februar die erste Covid 19 – Infektion in Niedersachsen bekannt geworden ist, hält uns das Virus in Atem. Die Pandemie belastet uns alle ganz persönlich – in der Sorge um unsere Gesundheit und die unserer Nächsten, in der Sorge um den Arbeitsplatz und die Existenz, in der Sorge wie es wohl weitergehen mag.

Und in der Trauer. Mehr als tausend Opfer des Coronavirus sind bis jetzt bei uns in Niedersachsen zu beklagen und weit über eine Million weltweit.Wir gedenken dieser Toten und wir nehmen Anteil am Leid der Angehörigen. Sie sind Opfer einer weiter bestehenden Gefahr und sie sind es nicht alleine. Viele Erkrankte berichten von schweren Nachwirkungen – von Verlust des Geschmacksinns bis hin zu anhaltender großer Schwäche. Auch diese Menschen sollen wissen, dass wir an sie denken.

Wir trauern und wir sind zugleich sehr dankbar. Wie hoch wären die Opferzahlen wohl, hätten sich in den vergangenen Monaten nicht unzählige Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Dienst ihrer Mitmenschen gestellt? Sie haben in den unterschiedlichsten Bereichen Tag für Tag eingestanden für Nächstenliebe, für Zusammenhalt, für uns alle. Sie sind der beste Ausdruck einer Gemeinschaft, wie wir sie uns wünschen – herzlichen Dank!

Haben sich diese Anstrengungen gelohnt? Sind die Opfer gerechtfertigt, die wir jeden Tag vielen Menschen wegen des Infektionsschutzes abverlangen? Vielleicht kennen Sie das Präventions-Paradox: Die Erfolge der Vorbeugung sehen wir eben gerade nicht und so ist es auch mit dem Kampf gegen die Pandemie.

Aber wir können einen Blick über unsere Grenzen werfen und unsere Lage vergleichen mit der in vielen anderen europäischen Ländern und erst recht weltweit. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland nach wie vor sehr gut ab und dafür bin ich dankbar. Ich bin dankbar für eine Gesellschaft, in der es so viel Solidarität gibt, und ich bin dankbar für einen Staat, der sich für den Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger verantwortlich fühlt. Und so wie mir geht einer großen Mehrheit unserer Bevölkerung, das zeigen Umfragen ein um das andere Mal.

Das ist zugleich die Antwort auf diejenigen, die das Risiko kleinreden oder gar unseren Staat an der Schwelle zu einer Gesundheitsdiktatur wähnen. Ihnen sei gesagt: Sie liegen ganz falsch und sie sind nur eine vergleichsweise kleine Minderheit. Die große Mehrheit unserer Gesellschaft lässt sich kein X für ein U vormachen.

Wir trauern, wir sind dankbar und wir haben Grund zur Zuversicht. Zur Zuversicht, dass wir gerade zum zweiten Mal in diesem Jahr eine höchst gefährliche Entwicklung abwenden können. Und zur Zuversicht, dass wir im nächsten Jahr das Virus Stück für Stück, aber immer besser unter Kontrolle bekommen. Impfschutz, Schnelltests, bessere Medikamente sind keine bloße Hoffnung, sondern echte Perspektiven für die nächsten Monate.

Trauer – Dank – Zuversicht. Es sind ganz unterschiedliche Gefühle, die wir am Totensonntag haben. Aber vielleicht ist gerade dieser Dreiklang die beste Grundlage dafür, uns auch weiter zusammen einer gemeinsamen Gefahr erfolgreich entgegen zu stemmen.