In der letzten Woche hatte ich noch einmal eine Intensivlektion Ostfriesland: Am Dienstag einen ganzen Tag im Landkreis Wittmund mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender, am Mittwoch dann Stationen in Aurich, Emden und im Landkreis Leer. Das hat viel Spaß gemacht, aber es gab auch ein ernstes Thema, das mich begleitet hat: Die massiven Veränderungen, vor denen die Automobilindustrie steht.

Das VW-Werk in Emden mit ca. 8000 Arbeitsplätzen ist mit Abstand der größte Arbeitgeber in der ganzen Region. Jetzt steht das Werk vor der vollständigen Elektrifizierung und weil Elektro-Autos weniger Arbeit benötigen als die herkömmlichen Modelle, fallen zahlreiche Jobs in den nächsten zehn Jahren weg. Das ist es aber nicht alleine: Die Zulieferunternehmen in der Region sind von diesem Wechsel genauso betroffen und fragen sich, wie ihre Zukunft sein wird. Im Landkreis Leer habe ich eines dieser Unternehmen besucht, das bis jetzt die Tanks unter anderem für den Passat herstellt – dafür gibt es zukünftig immer weniger Bedarf. Dass sich die Arbeitnehmer dort Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen, liegt auf der Hand und man kann es ihnen auch ansehen.

Das ist eben die andere Seite der Medaille beim Klimaschutz: So notwendig CO2-Einsparung ist, so notwendig sind auch Antworten für die Menschen, die davon massiv betroffen sind. Das gilt für den Kohle-Ausstieg, aber nicht minder auch für den anstehenden Umbau in der Kfz-Industrie. Denn dort werden sich in den nächsten zehn Jahren wegen der CO2-Vorgaben die Verhältnisse gründlich ändern, und das in einer Industrie mit ca. 850 000 Beschäftigten, also wesentlich mehr als in der Kohleindustrie.

Bei diesen Antworten steht die Politik erst am Anfang, das ist leider Fakt. Als in Brüssel – mit Zustimmung der Bundesregierung – sehr ambitionierte Ziele für die CO2-Einsparung bei den PKW festgelegt worden sind, lag dem kein Umsetzungsplan zugrunde. Damit ist ein Fehler wiederholt worden, der am Anfang der Energiewende stand: Auch der (richtige) Ausstieg aus der Atomkraft wurde beschlossen, ohne dass es ein Drehbuch für die Umstellung auf die Erneuerbaren Energien gab.

Um so wichtiger ist es jetzt, mit Hochdruck ein Konzept für den Umstieg auf die Elektromobilität zu entwickeln. Da gibt es etliche Baustellen: Schnell überall im Land eine ausreichende Zahl von Ladestationen aufbauen, Anreize für den Kauf von Elektroautos setzen, Batterieforschung vorantreiben und vieles andere mehr. Dazu gehört vor allem auch, alle Chancen zu nutzen, um bestehende Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Dabei geht es insbesondere um die Batteriezellfertigung. Die Batterie ist künftig das Herzstück eines Autos. Ob die dafür notwendigen Batteriezellen in Deutschland oder zum Beispiel in Osteuropa produziert werden, steht noch nicht fest. Deswegen muss sich die Bundesregierung massiv darum kümmern, dass es auch in Deutschland dafür gute Bedingungen gibt und neue Jobs entstehen können.

Im Kern geht es bei alledem um die Verbindung von Arbeit und Umwelt, einem alten Thema der SPD. Es muss gelingen, dass die deutsche Industrie in Zukunft wesentlich umweltgerechter produziert und dennoch so erfolgreich bleibt wie bisher. Das ist im Interesse der Beschäftigten, aber auch der Umwelt, denn Klimaschutz braucht gesellschaftliche Akeptanz. Für mich ist das eine der Hauptaufgaben der deutschen Politik in den nächsten Jahren.

Ich wünsche Euch eine schöne vorösterliche Woche.